
Demokratieforum: „Tabus in unserer Gesellschaft – zwischen Moral, Macht und Medien“
Tabus prägen unser Zusammenleben. Sie setzen Grenzen für das Sagbare. Doch unsere Demokratie basiert auf Meinungsfreiheit. Wie sollten wir als Gesellschaft also mit diesen ungeschriebenen Gesetzen umgehen?
Tabus haben einerseits ihren Wert: Sie ordnen das Miteinander und markieren Grenzen. Der AfD-Politiker Alexander Gauland verharmloste 2018 in einer Rede die Herrschaft der Nationalsozialisten als „Vogelschiss in der Geschichte“. Bei anderen Parteien bestand Konsens darüber, dass dies ein Tabubruch war.
Andererseits kommen viele Menschen an die Grenzen des Sagbaren, wenn es um die NS-Vergangenheit der eigenen Familie geht. Tabus behindern den freien Dialog, von der Ächtung sexueller Orientierung bis hin zur Stigmatisierung psychischer Krankheiten.
Wer Tabus bestimmt, kontrolliert die Gesellschaft – ob in Religion, Politik oder Familie. Wer Tabus bricht, riskiert Ausgrenzung. Der Vorwurf, man dürfe „nicht sagen, was man denkt“, liegt da auf der Hand. Doch was ist berechtigte Kritik und was inszenierter Tabubruch? Das Unsagbare zu sagen, kann politischer Sprengstoff sein.
Wie also soll eine Demokratie mit dem Verschwiegenen, dem Unsäglichen und vielleicht auch Unerträglichen umgehen?
Darüber diskutiert der SWR Demokratieforum-Moderator Michel Friedman mit der Filmemacherin Mo Asumang, mit dem Mainzer Bischof Peter Kohlgraf und dem Rechtswissenschaftler und Journalisten Ronen Steinke.
Mo Asumang moderierte in den 90er Jahren die tabubrechende Sendung „Liebe Sünde“. Als Dokumentarfilmerin und Autorin setzt sich die Gastprofessorin an der Hochschule für Film und Fernsehen in München mit Themen wie Rassismus und Identität auseinander. Sie engagiert sich für Menschenrechte und den interkulturellen Dialog.
Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf beschäftigt sich unter anderem mit der Aufarbeitung von Missbrauchsfällen in der Kirche und der Förderung des interreligiösen Dialogs. Kohlgraf setzt sich für einen differenzierten Blick der Kirche auf gleichgeschlechtliche Paare ein.
Ronen Steinke ist Rechtswissenschaftler und Journalist. Steinke ist einer der kritischsten Analysten rechter und antisemitischer Tendenzen in Deutschland. Er beschäftigt sich mit der NS-Geschichte, dem Israel-Gaza-Krieg und Fragen des internationalen Völkerrechts.
Die Veranstaltung ist aktuell ausgebucht. Wir führen aber eine Warteliste und kommen gegebenenfalls auf Sie zu.
Wir bitten um Anmeldung per Mail an: demokratieforum@hambacher-schloss.de
Das SWR Demokratieforum Hambacher Schloss ist in der Nacht zum 21.6. um 00:15 Uhr und am 22.6. um 8:20 Uhr im SWR-Fernsehen zu sehen. Die Sendung steht ab dem 22.6. in der ARD-Mediathek und der ARD-Audiothek zur Verfügung.
Frühere Folgen verpasst? Hier geht es zum SWR Demokratieforum Hambacher Schloss in der ARD-Mediathek!
https://www.ardmediathek.de/sendung/demokratieforum/Y3JpZDovL3N3ci5kZS8yNTA0MzYzMg
Wofür steht das SWR Demokratieforum Hambacher Schloss?
In der Tradition des Hambacher Fests und dem hiermit verbundenen Geist der Meinungsfreiheit und der Bürgerrechte diskutieren lebenserfahrene und streitlustige Vertreter*innen aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Zivilgesellschaft auf dem Demokratie-Forum Hambacher Schloss. Politische, gesellschaftliche und kulturelle Themen von grundlegender Bedeutung werden aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln aufgegriffen.
Im Zentrum der kontroversen Debatten steht der „Geist der Gegenwart“ und die zentrale Frage, welche Werte, Ideen und Konzepte künftig unsere Gesellschaft noch zusammenhalten. Das kritische Bürgerforum bietet eine Bühne für substantielle Diskurse und fairen Konfliktaustausch.
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Moderator des SWR Demokratieforums: Michel Friedman

(c) Nicci Kuhn
Viermal im Jahr streitet er 90 Minuten lang mit seinen Gästen über Demokratie. Sein Ziel: Die Zuschauenden und Diskutierenden sollen mit Fragezeichen im Kopf nach Hause gehen und weiter über das Thema des Abends nachdenken. Verkürzte Darstellungen und plakative Statements mag er nicht.
Sich für Demokratie einsetzen, das ist Michel Friedman auch persönlich ein Herzensanliegen: „Demokratie bedeutet leben, Mensch sein. Ich möchte, dass auch meine Kinder frei leben.“ Gerade jetzt sei es entscheidend, sich für die Demokratie zu engagieren. „Wenn sich Demokraten und Demokratinnen jetzt nicht für die Demokratie engagieren, werden sie eines Tages nicht sagen können, ´Ich habe von nichts gewusst. Ich wasche meine Hände in Unschuld‘.“
Der deutsch-französische Publizist Michel Friedman wurde 1956 in Paris geboren und lebt in Frankfurt. Beim Berliner Ensemble empfängt er seit 2017 regelmäßig Gäste für das Format „Friedman im Gespräch“. Im Jüdischen Museum Frankfurt ist er als Moderator Teil der neuen Veranstaltungsreihe „Denken ohne Geländer“.
2023 erschien sein neues Buch „Schlaraffenland abgebrannt. Von der Angst vor einer neuen Zeit“. Friedman war jahrelang stellvertretender Vorsitzender des Zentralrats der Juden in Deutschland sowie Herausgeber der Wochenzeitung Jüdische Allgemeine. Als Moderator wurde er mit der Sendung „Vorsicht! Friedman“ bekannt.